Die junge Frau im blauen Blazer betritt den Raum. Hinter der Säule sitzt er und poliert seine Brille. Als sie an den Tisch tritt, schaut er hoch und setzt sich die Brille auf.
Er: Oh, du hast dich zurechtgefunden. Das ist gut.
Sie dreht ihren Kopf zur Seite und verfolgt einen Lichtstrahl, der durch das vorhanglose Fenster fällt und den staubigen Raum durchkreuzt. Mit klarer Stimme sagt sie etwas ganz anderes, als sie sich vorher zurechtgelegt hatte.
Sie: Ich bin schon eine ganze Weile hier, aber das macht nichts. Ich habe mich selbst beschäftigt.
Sie: Ich habe geträumt, dass du mit einem großen Strauß Sommerblumen vor meiner Wohnungstür stehst – mitten in der Nacht. Als ich mich umdrehe, um die Vase mit den Blumen in die Küche zu bringen, rutscht sie mir – warum weiß ich nicht mehr – vor Schreck aus der Hand. Die Blumen liegen zwischen Scherben und Wasser auf dem Boden.
Er holt tief Luft, rührt sich nicht für einen Moment und fragt sie dann mit unterdrückter Stimme.
Er: Warum hasst du Blumen?
Ihre Stimme überschlägt sich, als sie ihren wie auswendig gelernten Satz herausbringt.
Sie: Ich habe in China sprechen gelernt und mein erstes Wort war Litschi. Litschis und Blumen, die liegen doch nahe beieinander.
Er: Ich verstehe kein Wort.
Sie schüttelt den Kopf und versucht sich zu entspannen, die Schultern sinken zu lassen. Ihre Hände sind vor Verkrampfung ganz weiß.
Sie: Ich fühle mich danach, einen Apfel aus dem Garten zu essen, aber das ist unpassend. Es zerstört die Atmosphäre, die keine ist.
Die junge Frau fragt sich, warum nicht alle lügen in ihren Lebensläufen und ob Malen psychotherapeutischen Nutzen für sie hat. Sie beobachtet die dahinschwindenden Abdrücke, die seine schwitzigen Hände auf der dunklen Tischplatte hinterlassen, wenn sie sich bewegen. Die Momente, in denen die Worte sie verlassen, sind ihr wertvoll. Er unterbricht die Stille.
Er: Ich bin hier, um dir zu helfen.
Sie: Ist das dein Job?
Er: Wenn du es so sehen möchtest.
Er: Deinen CV brauchen wir auch noch.
Sie: Meine Eltern kommen zur Eröffnung.
Er: Was bedeutet das für uns?
Sie: Für dich nichts. Sie bringen eine Kiste Prosecco mit.
Als die Hand des jungen Mannes ans Ende des Tisches greift und den Verschluss der grünen Wasserflasche aufdreht, entspannt sich ihr Körper und ein Lächeln gleitet ihr über die Lippen.
Er: Hast du auch Durst?
Sie denkt nach, während er in der Pose über den Gläsern verharrt.
Sie: Ja, danke.
Er: Bleibst du mit mir hier heute Nacht?
Sie: In diesem Raum kann man nicht schlafen.